In Niedersachsen besteht ein dringender Bedarf an neuem Wohnraum. Nach Angaben der NBank fehlen bis 2040 rund 220.000 Wohnungen, bis 2025 sogar schon 141.000. Gleichzeitig erlebt die Bauwirtschaft eine spürbare Krise: Auftragsmangel und Insolvenzen nehmen zu, während die gestiegenen Baukosten den Immobilienmarkt zusätzlich belasten. Der Wohnungsbau ist in Niedersachsen der mit Abstand wichtigste Motor für das gesamte Baugewerbe. Doch seit 2022 fallen die Auftragsbestände rapide: Im Juni 2024 gingen die Baugenehmigungen im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent zurück. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Insolvenzen im Bauhauptgewerbe im Jahr 2023 um 25,7 Prozent, im ersten Quartal 2024 nochmals um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Diese Entwicklung ist alarmierend. Steigende Baustoffpreise, höhere Zinsen und eine verschärfte Förderpolitik führen zu einer schweren Nachfrageschwäche: Wer noch baut, muss sich teils heftige Preiswettbewerbe um die wenigen verbleibenden Aufträge liefern. Gleichzeitig machen immer komplexere Vorschriften und Normen das Bauen teurer und komplizierter. Bereits im vergangenen Jahr wurde im Landtag eine Novelle der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) verabschiedet, die erste aber nicht ausreichende Erleichterungen brachte. Vor diesem Hintergrund brauchen wir dringend passende Veränderungen: Mit unserem Antrag im Niedersächsischen Landtag wollen wir als CDU genau das erreichen und dafür sorgen, dass die Niedersächsische Bauordnung (NBauO), die Bautechnische Prüfungsordnung (BauPrüfVO) und die Allgemeine Durchführungsverordnung (DVO-NBauO) fortlaufend an die Realität angepasst werden.
Wer ein Haus geringfügig aufstockt oder einen Erker anbauen möchte, muss bisher damit rechnen, dass dadurch die Gebäudeklasse steigt – was sofort höhere Brandschutzauflagen und Genehmigungshürden auslöst. Das ist unnötig kompliziert und treibt die Kosten in die Höhe. Unser Antrag sieht vor, dass die ursprüngliche Gebäudeklasse auch nach kleineren An- oder Aufbauten bestehen bleibt, um kostspielige bürokratische Verfahren zu vermeiden. Erker, Blumenfenster oder Zwerchhäuser bringen Licht und Raumgewinn. Solche Vorbauten sollen privilegiert werden und nicht an überzogenen Mindestabständen scheitern. Auch bei energetischen Sanierungen – etwa einer gedämmten Außenwand – dürfen enge Grenzabstände kein unüberwindbares Hindernis sein, wenn bereits Bestandsschutz besteht.
Natürlich ist uns der Ausbau erneuerbarer Energien wichtig. Doch in einer Lage, in der Bauprojekte ohnehin ins Stocken geraten, brauchen wir kurzfristige Entlastungen. Deshalb möchten wir die Photovoltaik-Pflicht auf Dächern und Parkplätzen bis Ende 2028 aussetzen, um Bauherren zu entlasten und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Weitere Vereinfachungen sollen die Rettungswegevorschriften und die Definition von Gebäudehöhen bringen. Wir plädieren dafür, sich mehr an der Musterbauordnung (MBO) zu orientieren: Ein einheitliches Höchstmaß von 13 statt 12,25 Metern schafft Klarheit und verhindert komplizierte Sonderregelungen. Zudem müssen Rettungswege in Regelbauten leichter planbar sein, damit Baugenehmigungen nicht in endlose Abstimmungsprozesse münden.
Die vollständige Abschaffung der Einstellplatzpflicht mag zudem in städtischen Lagen mit gutem ÖPNV sinnvoll sein. In ländlichen Regionen ohne passendes Mobilitätskonzept jedoch nicht. Über eine Öffnungsklausel wollen wir es den Kommunen ermöglichen, den Parkraum an ihre tatsächliche Situation anzupassen. Auch bei barrierefreien Wohnungen brauchen wir Maß und Mitte: Natürlich sollen Menschen mit Behinderungen ihre Wohnung optimal nutzen können, doch nicht jedes Neubauprojekt benötigt standardmäßig eine hohe Anzahl rollstuhlgerechter Wohnungen. Hier muss der tatsächliche Bedarf entscheidend sein.
Schon kleine Änderungen in den Bauplänen können die Genehmigung verzögern, wenn Unterlagen nicht fristgerecht nachgereicht werden. Eine automatische Rücknahme des gesamten Bauantrags macht Projekte unnötig teuer und kompliziert. Ähnliches gilt für die Wahl des Prüfstatikers: Wenn Bauherren ein Vorschlagsrecht erhalten, können Konflikte rascher gelöst und die Kosten im Griff gehalten werden.
Wir wollen, dass sich wieder mehr Menschen den Traum vom Eigenheim leisten können und Investitionen in Neubau und Sanierung nicht an Formularen und Vorschriften scheitern. Mit unseren Vorschlägen machen wir die NBauO, BauPrüfVO und DVO-NBauO alltagstauglicher und senken so die Baukosten – ohne die Sicherheit aus den Augen zu verlieren. Denn nur so bekämpfen wir die Wohnungsnot, bewahren das Handwerk vor weiteren Einbrüchen und halten unsere Baukultur lebendig. Als CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag setzen wir uns dafür ein, dass Bauen im Land einfacher, schneller und günstiger wird – für alle, die Wohnraum schaffen oder selbst ein neues Zuhause bauen wollen.
