Eine aktuelle Umfrage des Philologenverbands Niedersachsen zeichnet ein erschreckendes Bild: Fast jeder fünfte Lehrer hat körperliche Gewalt im Schuldienst erlebt, und 70 Prozent berichten von Bedrohungen, Mobbing oder Diskriminierung. Besonders alarmierend ist die zunehmende Belästigung im digitalen Raum, von der mehr als die Hälfte der Lehrkräfte betroffen ist. Viele fühlen sich vom Kultusministerium alleingelassen – über 70 Prozent halten die bestehenden Sicherheitskonzepte für unzureichend, und fast 90 Prozent sehen das Ministerium nicht in der Lage, effektiv auf Gewalt gegen Lehrkräfte zu reagieren.

Schulen müssen sichere Orte für Lehrkräfte und Schüler gleichermaßen sein. Es ist inakzeptabel, dass Lehrerkräfte, die tagtäglich einen wichtigen Beitrag für die Bildung unserer Kinder leisten, solchen Übergriffen ausgesetzt sind. Noch beunruhigender ist, dass rund ein Drittel der Lehrkräfte heute den Beruf aufgrund dieser Erfahrungen nicht noch einmal ergreifen würde. Was wir brauchen, ist ein ganzheitliches Konzept zur Gewaltprävention. Es darf nicht sein, dass Lehrkräfte Gewaltvorfälle nicht melden, weil der bürokratische Aufwand zu hoch oder das Vertrauen in die Unterstützung der Schulleitungen und Behörden zu gering ist. Die Einführung eines einfachen Melderegisters für Gewaltvorfälle sowie eine engere Zusammenarbeit zwischen Schulen, Polizei und Justiz sind dringend erforderlich. Nur so können wir eine valide Datengrundlage schaffen, um gezielte Präventionsarbeit zu leisten.

Wir fordern zudem, dass Gewaltprävention bereits in den Kindergärten beginnt. Ein frühzeitiges Eingreifen und die Vermittlung von sozialen Kompetenzen sind entscheidend, um Gewalt an Schulen langfristig zu reduzieren. Auch die Beratungsangebote für Lehrkräfte müssen besser strukturiert und zugänglich gemacht werden. Es nützt nichts, wenn Lehrkräfte im Angebotsdschungel den Überblick verlieren. Besonders kritisch sehe ich, dass die Finanzierung vieler wichtiger Stellen, die nach der Corona-Krise zur Unterstützung der Schulen geschaffen wurden, zum Jahresende auslaufen. Multiprofessionelle Teams, die Lehrkräfte entlasten und Schülerinnen und Schüler in schwierigen sozialen Lagen unterstützen, sind von großer Bedeutung. Diese Stellen müssen gesichert und ausgebaut werden, um eine nachhaltige Verbesserung an unseren Schulen zu erzielen.

Unser Ziel muss es sein, nicht nur den Schutz der Schülerinnen und Schüler, sondern auch der Lehrkräfte sicherzustellen. Lehrerinnen und Lehrer verdienen Respekt und ein gewaltfreies Arbeitsumfeld. Das Kultusministerium muss hier endlich Verantwortung übernehmen und ein umfassendes Anti-Gewalt-Konzept entwickeln, das alle Beteiligten – Lehrkräfte, Schüler und Eltern – einbezieht.