Die sicherheitspolitische Lage hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie geopolitische Spannungen im Nahen Osten verdeutlichen auf erschreckende Weise, wie wichtig eine effiziente Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und seiner NATO-Bündnispartner ist. Ein Angriff Russlands auf das Nato-Gebiet kann für die kommenden Jahre nicht mehr vollständig ausgeschlossen werden. Verschärft wird diese Entwicklung durch das wachsende Eigeninteresse der Vereinigten Staaten, die militärische Unterstützung für Europa immer wieder infrage zu stellen. Gerade für Deutschland bedeutet das eine weitergehende „Zeitenwende“, in der die äußere Sicherheit nicht mehr allein Aufgabe des Bundes ist, sondern auch auf Länderebene und in den Kommunen im Rahmen der Zivilen Verteidigung mitgestaltet werden muss. Auf Bundesebene wurde im Grundgesetz die Möglichkeit für eine notwendige Erhöhung der Verteidigungsausgaben geschaffen – nun sind auch die Länder gefragt.
Das Land Niedersachsen nimmt hier eine Schlüsselrolle ein: Mit zahlreichen militärischen Liegenschaften und Hochschulen, die über exzellentes Forschungs-Know-how verfügen, kann unser Bundesland entscheidend zur Verteidigungsfähigkeit beitragen. Gleichzeitig werden bestehende Regelungen den veränderten Rahmenbedingungen nicht mehr gerecht. So schränken Zivilklauseln an Hochschulen militärisch relevante Forschungsprojekte ein, militärische Infrastrukturmaßnahmen geraten durch denkmal- und baurechtliche Auflagen ins Stocken, und sicherheitspolitische Belange finden in der Raumordnung bislang nur unzureichend Beachtung. Um diese Defizite zu beheben und den Beitrag Niedersachsens zur Landes- und Bündnisverteidigung zu stärken, haben wir ein umfassendes Gesetzespaket vorgelegt:
Bislang stand es einigen Hochschulen frei, sogenannte „Zivilklauseln“ zu beschließen, mit denen sie Forschung ausschließlich auf zivile Anwendungen beschränkten. Unser Gesetzentwurf ändert das Niedersächsische Hochschulgesetz dahingehend, dass Forschungsergebnisse auch für militärische Zwecke genutzt werden dürfen – auf Verlangen des Wissenschaftsministeriums auch müssen. In Anbetracht der Sicherheitslage muss auch die Forschung ihren Beitrag zur Verteidigung Deutschlands und unserer Bündnispartner leisten. Eine reine Ausrichtung auf zivile Nutzung wird unzulässig. Gleichzeitig soll die Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Studium unangetastet bleiben: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können selbst entscheiden, an welchen Projekten sie sich beteiligen. Damit ebnen wir den Weg für Kooperationen mit der Bundeswehr in sicherheitsrelevanten Bereichen, beispielsweise in der Hochtechnologie, ohne die im Grundgesetz garantierten Freiheiten der Forschung zu verletzen.
In den Schulen sollen künftig verstärkt die Jugendoffiziere in der sicherheitspolitischen Aufklärung unterstützen. Gerade in unsicheren Zeiten ist es wichtig, dass junge Menschen wissen, wofür die Bundeswehr steht und welche Aufgaben sie wahrnimmt. Zeitgleich geben wir den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit in diesen schwierigen Zeiten ihre Fragen zum Weltgeschehen loszuwerden und so ein Verständnis für die Herausforderungen zu entwickeln, vor denen wir zukünftig stehen. Zudem erhalten Schülerinnen und Schüler so eine qualifizierte Orientierung über mögliche Berufswege bei der Bundeswehr oder anderen Sicherheitsbehörden.
Mit der Änderung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes tragen wir darüber hinaus den besonderen Bedürfnissen von Militäranlagen Rechnung. Zukünftig wird klar geregelt, dass Maßnahmen auf militärisch genutzten Flächen, die der Landes- oder Bündnisverteidigung dienen, grundsätzlich im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Das Landesamt für Denkmalpflege bleibt dabei eingebunden, sodass denkmalpflegerische Belange berücksichtigt werden. Allerdings sollen militärische Erfordernisse nicht durch starre Vorgaben blockiert werden, vor allem wenn es um die Sicherheit oder Einsatzbereitschaft der Truppe geht. Unser Gesetzentwurf ändert die Niedersächsische Bauordnung, damit militärische Bauvorhaben einfacher und unbürokratischer umgesetzt werden können. Anlagen der Bundeswehr auf dauerhaft militärisch genutzten Liegenschaften sollen etwa von bestimmten Verfahren befreit werden, was die Planung beschleunigt und Zeitverzögerungen minimiert. Denn in Krisenzeiten muss die Bundeswehr rasch reagieren können – umständliche Genehmigungsverfahren dürfen die Einsatzbereitschaft nicht gefährden. Schließlich wird klargestellt, dass die militärischen Anforderungen bei der Raumordnung explizit als „überragendes öffentliches Interesse“ gelten. Das bezieht sich nicht nur auf mögliche zukünftige Stationierungen und Infrastrukturinvestitionen, sondern auch auf den generellen Umgang mit Standortentscheidungen. So wird bei allen Planungen in Niedersachsen frühzeitig bedacht, welche Auswirkungen sie auf die Verteidigungsfähigkeit haben könnten.
Mit diesem Gesetzespaket reagieren wir als CDU-Fraktion auf die neue sicherheitspolitische Wirklichkeit. Hochschulen, Schulen, Denkmalschutz, Bauordnungsrecht und Raumordnung werden so weiterentwickelt, dass militärische Projekte weder bürokratisch verzögert noch durch überholte Regelungen blockiert werden. Besonders in einer Zeit, in der die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas gestärkt werden muss, ist Niedersachsen gefordert, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Das vorliegende Gesetz bietet den rechtlichen Rahmen für einen entscheidenden Beitrag zu einer europäischen Verteidigungsfähigkeit, die sich auf eine breite und verlässliche Basis stützt.
